Erziehung ist eine Erfahrung, die alle Schüler und Schüler*innen schon einmal gemacht haben. Der Pädagogikunterricht bietet die Möglichkeit, individuelle Erfahrungen aufzugreifen und die Identitätsentwicklung zu reflektieren. In diesem Zusammenhang werden gegenwärtige gesellschaftliche Probleme thematisiert und mit Hilfe von Modellen analysiert. Als Schülerin oder Schüler bist du selbst noch betroffen von Erziehung, erziehst aber vielleicht auch schon zum Teil selbst. Sei es, wenn du auf jüngere Geschwister aufpasst oder dich vielleicht im Verein engagierst. Diese doppelte Reflexivität nutzt der Pädagogikunterricht unter anderem, um eigene Erfahrungen durch den Erwerb erziehungswissenschaftlichen Wissens zu kontrastieren, das eigene Handeln und Betroffensein zu planen bzw. zu reflektieren.
Soziale Kompetenzen, wie Empathie und Rollendistanz, die eine unmittelbare Vorbereitung auf die spätere Arbeitswelt darstellen, werden im erziehungswissenschaftlichen Unterricht weiterentwickelt.
„Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss. […] Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was Erziehung aus ihm macht […]. Die Erziehung ist eine Kunst, deren Ausübung durch viele Generationen vervollkommnet werden muss […]. Wenn man das aber reiflich überdenkt, so findet man, dass dieses sehr schwer sei. Daher ist die Erziehung das größte Problem und das schwerste, was dem Menschen kann aufgegeben werden.“
(Kant in seinen Vorlesungen über Pädagogik, 1776-1787)
Wenn also der Mensch erst durch Erziehung zum Menschen wird, ist es wichtig, Verantwortung für die nachwachsende Generation zu übernehmen und diese bestmöglich zu erziehen. Dies macht das Fach Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft so bedeutsam. Auch ist der Mensch niemals losgelöst von sozialen Geflechten und Bedingungen (Familie, Wohnumfeld, Freundesgruppen), weshalb auch diese einer Betrachtung unterzogen werden.
Seit 100 Jahren gibt es inzwischen Pädagogikunterricht in Deutschland. Das Unterrichtsfach Pädagogik ist ein Fach der Sekundarstufe II. Es wird ab der Jahrgangsstufe EF als Grundkurs angeboten und kann anschließend ab der Jahrgangsstufe Q1 auch als Leistungskurs gewählt werden.
Ab der Oberstufe werden im Pädagogikunterricht Klausuren geschrieben. In der EF wird im ersten Halbjahr eine Klausur, ab dem zweiten Halbjahr werden in der EF und der Qualifikationsphase zwei Klausuren pro Halbjahr geschrieben. In die Leistungsbewertung fließt aber auch dein Engagement in der mündlichen Mitarbeit, in Gruppenarbeiten, deine Bereitschaft zur Teilnahme an praktischen Übungen und Simulationen, das Halten von Referaten sowie deine Bereitschaft, sich mit den Themen und Gegenständen des Pädagogikunterrichts kritisch auseinanderzusetzen ein.
Das Unterrichtsfach Pädagogik ist dem gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld zuzuordnen, setzt sich mit Theorien über das Verhältnis von Erziehung und Bildung sowie Gesellschaft und Individuum auseinander und untersucht diese hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit in der Praxis.
Die Beschreibung, die Analyse und die Beurteilung von Erziehungsprozessen leisten einen Beitrag zur vertiefenden Allgemeinbildung und sollen darauf aufbauend die Schülerinnen und Schüler zu verantwortungsvollem Handeln befähigen.
Die Pädagogik konzentriert sich auf die Erschließung von Erziehungswirklichkeit; damit sind alle sozialen Bedingungen, Prozesse und individuellen Motive erfasst, die der Ausprägung, Förderung oder Änderung der Persönlichkeit dienen. Zur Auseinandersetzung mit Erziehungswirklichkeit werden Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften, insbesondere der Psychologie, Soziologie, Biologie, Geschichte und Philosophie herangezogen. Insofern hat das Fach einen interdisziplinären, also verschiedene wissenschaftliche Gebiete umfassenden Charakter. So betrachten wir zum Beispiel mithilfe der psychoanalytischen Theorie von Sigmund Freud, wie sich die Psyche des Menschen ab der Geburt entwickelt und welchen Einfluss diese sowie Vergangenes auf die Persönlichkeit des Menschen haben.
ZIELE des Pädagogikunterrichts
Ziel des Pädagogikunterrichts ist es, den Menschen über die Vermittlung des Fachwissens, auf zukünftige Erziehungsaufgaben so vorzubereiten, dass er diese verantwortungsbewusst wahrnehmen und erfüllen kann.
Darüber hinaus ermöglicht der Pädagogikunterricht auf vielfältige Weise und im Zusammenhang mit verschiedenen Theorien sich seiner eigenen Lebensgeschichte bewusst zu werden, diese zu verstehen und darüber eine Grundlage zu schaffen, seinen Lebensweg positiv zu gestalten.