In der Mittagspause einfach abschalten? Nicht für alle: An der Gesamtschule Osterfeld (GSO) nutzen einige ihre Pause, um weiterzudenken. Kritisch, reflektiert und freiwillig. Seit dem Frühjahr 2025 nehmen SchülerInnen der Jahrgänge 9 bis Q1 an der neuen AG ClickWise teil – Einem innovativen Bildungsangebot, das sich mit der Wirkung sozialer Medien auf Meinungsbildung, Demokratie und Toleranz beschäftigt.
Im Fokus stehen Inhalte, die in sozialen Netzwerken wie TikTok kursieren: islamistisch-extreme und rechtsradikale Botschaften, Fake News und digitale Propaganda. Gemeinsam lernen die Jugendlichen, diese Inhalte zu erkennen, einzuordnen und kritisch zu hinterfragen. Dabei geht es nicht um Verbote oder Belehrungen, sondern um Selbstreflexion und Medienmündigkeit.
„Ich hätte nie gedacht, wie krass manche Inhalte manipulieren, die sehen erstmal harmlos aus. Aber wenn man genau hinschaut, merkt man, was dahintersteckt“, erklärt der 18-jährige angehende Abiturient Agit. Die gleichaltrige Mitschülerin Mary betont: „Ich finde es gut, dass wir in der AG lernen, nicht alles zu glauben, was wir sehen, sondern unsere Meinung selbst zu bilden.“
Die AG wurde von den Lehrkräften Sirin Ayadi und Ali Efetürk initiiert. Ihnen ist wichtig, dass die Themen nicht vorgegeben, sondern mit den Jugendlichen gemeinsam entwickelt werden. Ganz im Sinne des Beutelsbacher Konsenses, der fordert, dass SchülerInnen nicht überrumpelt oder indoktriniert, sondern zur eigenständigen Urteilsbildung befähigt werden.
„Was unsere SchülerInnen bewegt, greifen wir auf: Ob TikTok-Imame, Verschwörungsmythen oder Hate Speech“, erklärt Ali Efetürk.
Sirin Ayadi ergänzt: „Wir schaffen einen geschützten Raum, in dem unterschiedliche Perspektiven erlaubt sind, solange sie respektvoll geäußert werden.”
Digitale Bildung als Schulprofil
Die GSO verfolgt ein umfassendes digitales Bildungskonzept: Alle SchülerInnen sind mit iPads ausgestattet, die Lehrkräfte bilden sich regelmäßig fort. Für Schulleiter Dr. Weibels-Balthaus ist das jedoch nur die Grundlage:
„Digitale Bildung bedeutet für uns nicht nur technisches Know-how. Wir wollen unsere SchülerInnen befähigen, kritisch zu denken, demokratisch zu handeln und sich in digitalen Räumen sicher zu bewegen.“ Herr Dr. Weibels-Balthaus
Für die Fünftklässler gibt es ein extra Schulfach, in dem sie einmal wöchentlich digital fit werden und den sicheren und selbstbestimmten Umgang mit Medien lernen. Um auch die älteren SchülerInnen gezielt zu unterstützen, ihre alltägliche Mediennutzung als Ausgangspunkt für kritische Reflexion und Diskussion zu nutzen und aktuelle Trends als Bildungsanlässe fruchtbar zu machen, gibt es diese AG.
ClickWise ergänzt diesen Ansatz durch die Förderung von digitalem Wohlbefinden, dem sogenannten Digital Well-Being, und der Reflexionsfähigkeit. Fähigkeiten, die in Zeiten zunehmender Bildschirmzeit und gezielter Desinformation immer wichtiger werden.
„Wir wollen unsere SchülerInnen stark machen. Nicht nur im Umgang mit dem iPad, sondern auch im Kopf“, sagt Lehrerin Eda Isik, die in das vielversprechende Projekt eingestiegen ist.
„Uns liegt besonders am Herzen, dass junge Menschen erkennen, wann Inhalte manipulativ oder gefährlich sind und dass sie lernen, sich selbst und andere davor zu schützen“, erläutert Ali Efetürk ClickWise steht exemplarisch für den Bildungsauftrag der GSO: Digitale Bildung heißt hier nicht nur klicken, sondern verstehen. Und: Politische Bildung heißt nicht belehren, sondern befähigen.





